Die eiserne Mamsell

Meilensteine in der Entwicklung der Nähmaschine


Die Haushaltsnähmaschine ist nicht von einem einzigen genialen Menschen geschaffen worden; sie ist vielmehr die Krönung von Ideen, Arbeit, Versuchen, Misserfolgen und Teilerfolgen, die während eines Jahrhunderts von vielen Erfindern erbracht wurden. Die Geschichte macht es sich zu einfach, wenn sie einen grossen Erfolg nur einem oder zwei Erfindern zuschreibt. Sie vergisst dabei all die Vorarbeiten und Denkanstösse, die viele einzelne Menschen dazu beigetragen haben.

1755   benutzte der deutsche Charles Frederic Weisenthal als erster eine Nadel mit zwei Spitzen. (englisches Patent Nr. 701)
1770   entwickelte der Engländer Robert Alsop eine Maschine, mit der man Besätze auf Stoff aufnähen konnte.
1790   konstruierte der Engländer Thomas Saint eine Kettenstich-Nähmaschine für die Schuhfabrikation und erhielt das englische Patent Nr.1764 am 17. Juli 1790
1790   baute John Duncan eine Maschine, die mit einer Spezialnadel ausgestattet war. Duncan erfand die Nadel mit Hakenöhr - vergleichbar mit einer Häkelnadel.
1804   erhielten Thomas Stone und James Henderson ein französisches Patent für eine Maschine, die das Nähen von Hand nachahmte.
1807   versuchte der Engländer E.W. Chapman, das Nähen mit zwei Nadeln zu ermöglichen.
1810   erfand der deutsche Baltharsar Krems eine Kettenstichmaschine zum Nähen von Zipfelmützen. B. Krems ist in Mayen am 27. November 1760 geboren und starb in seiner Wohnung am Obertor am 4. Mai 1813.
1814   erhält Joseph Madersperger sein erstes Patent für eine Maschine, mit der gestickt werden konnte. Der deutsche Schneidermeister, geboren 1768 in Kufstein, lebte und arbeitete in Wien. Am 4. Oktober 1850 wird er völlig verarmt und unbeachtet aus dem Versorgungshaus St. Marx in einem Massengrab beigesetzt.
1818   wurde von einem Johns Adams Dodge aus Monkton, Vermont - USA berichtet, der eine Nähmaschine baute, die Rückstiche bilden konnte.
1830   stellte Barthélémy Thimonnier aus Frankreich eine Kettenstichmaschine mit Stachel- und Bogennadel her. B. Thimonnier erblickte das Licht der Welt 1793 in Arbresle (Département Rhône) und verstarb 1857 in Lyon.
1834   baute Walter Hunt aus den USA eine Nähmaschine, die Steppstich nähte.
1839   erhielt Joseph Madersperger ein weiteres Patent für eine Maschine mit zwei Fäden. (siehe auch 1814)
    Es folgten besonders in den USA, eine ganze Reihe von Patenteintragungen.
1841   erschien eine englische Nähmaschine von Archbold und Newton, die Ziernähte auf Handschuhe fertigte.
1844   erfand der Londoner Kaufmann Bostwick eine Maschine, die einen Vorderstich näht.
1846   bekam Elias Howe aus Massachusetts - USA für seine zweite, verbesserte Nähmaschine am 10. September ein Patent. Dies war die erste funktionstüchtige Langschiff-Nähmaschine. Elias Howe wurde am 10. Juli in Spencer, Massachusetts geboren und starb am 3. Oktober 1867.
    Wieder folgten Patente, zum Teil als Verbesserungen an der Maschine von E. Howe.
1849   erfand John Bachelder aus Massachusetts - USA den fortlaufenden Stofftransporteur. Dies erlaubte erst ein richtiges Arbeiten an der Nähmaschine.
1850   konnte Allen Benjamin Wilson in Michigan - USA seine Doppelsteppstichmaschine patentieren lassen.
In der Werkstatt von Orson C. Phelps kommt Isaak Merritt Singer das erste Mal mit einer dort eingereichten Elias Howe Nähmaschine, die wegen einer Reparatur dort ist, in Berührung.
1851   erhielt Allen Benjamin Wilson ein Patent für die erste Maschine mit umlaufendem Greifer.
Der Bostoner Schneider William O. Grover erhielt ein Patent auf seine Doppelkettenstich Maschine.
1852   tauchten die ersten Nähmaschinen, die "eiserne Mamsell", aus den USA in Europa auf und konnten auf Messen und Märkten zum Teil gegen eine Eintrittsgebühr bestaunt werden.
1853   wurde die erste deutsche Nähmaschine von Christian Mansfeld in Leipzig gebaut! Ch. Mansfeld kam am 19. Dezember 1819 zur Welt. Der gelernte Schlosser hatte in Leipzig seine erste Nähmaschine gesehen und diese voller Bewunderung aus dem Gedächtnis nachgebaut.
1853   erteilte Elias Howe Lizensrechte an Wheeler & Wilson.
1854   erhielt am 19. Dezember Wilson ein Patent für die 4-Gang Stofführung.
1855   nahm Clemens Müller am 1. Oktober in Dresden den Bau von Nähmaschinen auf. Weitere Hersteller, Carl Hoffmann - Leipzig, Carl Beermann - Berlin, gründen ihre Unternehmen und sind damit auch Begründer der deutschen Nähmaschinen Industrie. Viele andere Firmen folgten, so das es in Deutschland mal weit mehr als 100 Nähmaschinen Hersteller geben sollte!
1857   erhielt James E.A. Gibbs ein Patent für seine Einfaden Kettenstichmaschine.
1861   begann die erste Bielefelder Nähmaschinenfabrik unter dem Namen "C. Baer & Koch" die Produktion. Die beiden Firmengründer Carl Baer und Heinrich Koch leiteten damit eine über 100 Jahre andauernde Nähmaschinenindustrie in Bielefeld ein, dessen Wurzeln eben aus diesem Unternehmen hervorgingen
(folgende Auflistung nur in grober Übersicht):
1865 Baer & Rempel ➔ Phoenix.
1865 Koch & Co ➔ Adler.
1867 Dürkopp & Schmidt (Nikolaus Dürkopp und Carl Schmidt waren bei C. Baer & Koch beschäftigt) ➔ Dürkopp.
1876 C. Schmidt ➔ Carl Schmidt & Hengstenberg (1878) ➔ Hengstenberg & Co (1884) ➔ Anker.
1862   gründeten Adam Opel in Rüsselsheim und Georg Michael Pfaff in Kaiserslautern ihre Firmen.
1881   entwickelte Leslie in Cleveland - USA den Ringgreifer.
1882   stellte John Kayser in Deutschland die erste Zick-Zack Nähmaschine her.
1887   entwickelte Philip Diehl den oszillierenden Zentralspulengreifer.

Quellen

Die Geschichte der Nähmaschine - Fritz Gegauf AG / Bernina Nähmaschinenfabrik
Werkzeuglehre für Nähberufe - Anton Ott
Die Nähmaschine in Schule und Haus - Wilhelm Renters
Josef Madersperger oder der unscheinbare Genius - Erich Lüth
Ein Mayener Strumpfwirker / Balthasar Krems - Erich Lüth
Die deutsche Nähmaschinen Industrie - Dr. Walter Köhler

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