Interessante Berichte aus …
Und wie sah nun so eine Maschine aus, die ganz mit der Hand gearbeitet war?
Die erste Bedingung war Eisen, viel Eisen; denn für das viele Geld, das so eine Maschine kostete, wollte der Käufer auch was sehen, und außerdem sollte die Maschine ja auch für die Kinder und Kindeskinder einmal ausreichen. Der Fabrikant baute also einen Mechanismus zusammen, der für die Ewigkeit berechnet war.
Sehr anschaulich wird so eine Maschine aus der Zeit der Handarbeit in einer älteren Nummer der Deutschen Nähmaschinen Zeitung beschrieben (1897, 10):
"So eine Maschine war eine Art Rhinozeros; grobknochig, wie diese Ungetüme waren, ausgrüstet mit Teilen, deren Ursprung aus Feile, Hammer und Amboss erkennbar war, trug sie so recht das ungeschlachte Gepräge kleiner Werkstätten, denen Fräsmaschinen nur vom Hörensagen bekannt waren. Diese vorsintflutlichen Saurier waren mit Doppeltritt-Pedalen versehen und besaßen Schwungräder in der Größe eines anständigen Wagenrades. Manche waren auch zum Handbetrieb eingerichtet, aber bei Leibe nicht etwa deswegen um den Nähenden zeitweise eine Erleichterung oder Abwechslung zu schaffen, nein, das Ding wollte nämlich manchmal nicht herumgehen, wenn der eine Fuß oben und der andere unten stand. Da galt es dann, den toten Punkt mit der Hand zu überwinden. Und wenn man zufällig einen alten Spuler unter dem alten Eisen findet, wird man denselben eher für eine Uhrmascher-Drehbank ansehen als für einen Spuler zu einer Nähmaschine. Und mit welcher rührenden Gewissenhaftigkeit wurden diese Maschinen hergestellt. Die sämtlichen Fadenführungen liefen in Archat. Diamant war zu teuer, sonst würde man jedenfalls Diamantführungen gewählt haben. Solche Maschinen forderten ihr Jahrhundert in die Schranken, sie waren gefeit gegen Hölle und Teufel"
Es war gewissermaßen über Nacht eine neue Industrie in Deutschland entstanden. Viele der gewandten Mechaniker und Schlosser jener Tage wandten sich der neuen Maschine zu und hofften, durch ein einfaches Nachbauen des Mechanismus zu reichen Leuten werden zu können, wie sie es von den amerikanischen Fabrikanten gehört hatten. Andere wieder suchten allerdings ihren Stolz darin, diesen feinen Mechanismus der Amerikaner womöglich zu verbessern.
In ihrer kleinen Werkstatt, selten mit Hülfe eines Lehrlings oder eines Gesellen, machten sich die Meister an die Arbeit. Mit Zirkel und Winkelmaß, Hammer und Grobfeile mühten sie sich ab, auch Nähmaschinen zu bauen. Hochauf lodert das Schmiedefeuer, hell klang der Hammerschlag auf dem Amboss, als die eiserne Mamsell ihren Einzug in Deutschland hielt. Wohl bauten diese braven Handwerker eine Nähmaschine zusammen, wie sie sie ähnlich als Vorbild erschaut hatten. Aber gar oft wollte die äußerlich so vollkommene Maschine nicht nähen; und was nützt eine Nähmaschine, wenn man mit ihr nicht nähen kann. Wohl hatten diese "Fabrikanten" die beste Absicht und mühten sich redlich, aber es fehlte ihnen die nötige Erfahrung und Vorbildung für einen so komplizierten Mechanismus . Die amerikanischen Fabrikanten dagegen hatten die Maschine selbst konstruiert, hatten jahrelang an ihr gearbeitet, bis sie ihren Wünschen entsprach.
Und ging dem Fabrikanten jener Tage die Erfahrung ab, so fehlte ihm noch eins , ohne das eine Fabrikation wie gerade die der Nähmaschine nicht recht denkbar ist. Es fehlte an Geld.
Ein Name wäre noch in Mitteldeutschland zu erwähnen, den die Literatur und auch unsere Nähmaschinenfabrikanten nicht kennen: ein Mechaniker Stöckigt in Münchenbernsdorf, einem kleinen Ort im Sachsen Weimarischen. Er baute nachweislich im Jahre 1856 seine erste Maschine. Ob er den Gedanken dazu von seiner Wanderschaft, die ihn hauptsächlich durch Sachsen führte, mitbrachte, ist nicht genau nachweisbar. Stöckigt war ein Genie in seiner Arbeit. Neben dem Baue der Nähmaschine und allerlei Verbesserungen, die er daran anbrachte, erbaute er auch nachweisbar die erste deutsche Schreibmaschine, ohne jemals etwas von der amerikanischen Erfindung der Schreibmaschine gehört zu haben. Leider ließ sich dieser Mann nicht dazu bestimmen, seine großen technischen Talente für einen Fabrikbetrieb zu verwenden, es machte ihm mehr Vergnügen, seinen Ideen nachzuhängen und diese mühselig zur Ausführung zu bringen, als mit einem anderen zusammen mit einer fertigen Erfindung ein Vermögen zu verdienen. Stöckigt baute etwa 10 - 12 Jahre seine Nähmaschinen, einige davon existieren heute (1913) noch, später kaufte er seinen Bedarf bei einer Fabrik in Karlsruhe, ging also zum Nähmaschinenhändler über.
In der massenweisen Herstellung von Nähmaschinen liefert Nordamerika seit der Erfindungszeit an das meiste und erst in neuerer Zeit haben sich in Deutschland großartige Fabriken aufgetan neben zahlreichen kleineren, welche alle fast durchgängig ein vorzügliches Fabrikat liefern, daß nicht allein dem amerikanischen gleichkommt, sondern es sogar überholt. In einer im Juni 1877 von dem Gewerbeverein in Dresden veranstalteten Prüfung zwischen Original=Singermaschinen und deutschen Singermaschinen ergab sich folgendes: "Im Stich war die Original=Singermaschine in allen Stoffen, die genäht wurden, den anderen ebenbürtig, in Bezug auf Solidität der Ausführung und saubere Ausstattung stand sie aber beträchtlich hinter sämtlichen vorhandenen 7 deutschen Maschinen zurück und verspricht deshalb geringere Dauer, abgesehen von ihrem geräuschvollem Gange. Auch zeigen mehrere deutsche Maschinen in Bezug auf die Reichhaltigkeit der Apparate bedeutende Fortschritte."
Schneiders Höllenfahrt.
Es wollt' ein Schneider wandern am Montag in der Fruh',
begegnet ihm der Teufel, hat weder Strümpf noch Schuh':
"He he, du Schneiderg'sell! Du mußt mit mir in d' Höll'.
Du mußt uns Teufel kleiden. Es gehe, wie es wöll!"
Sobald der Schneider in d' Höllen kam, nahm es sein' Ellenstab,
er schlug den Teufeln die Buckel voll, die Höll' wohl auf und ab.
"He he, du Schneiderg'sell! Mußt wieder aus der Höll';
wir brauchen nicht das Messen, es gehe, wie es wöll!"
Nachdem er all' gemessen hat, nahm er sein' lange Scher'
und stutzt den Teufeln d' Schwänzlein ab, sie hüpften hin und her.
"He he, du Schneiderg'sell, pack dich nur aus der Höll'!
Wir brauchen nicht das Stutzen, es gehe, wie es wöll!"
Da zog er's Bügeleisen 'raus und warf's ins Höllenfeu'r,
er streicht den Teufeln d' Falten aus, sie schrieen ungeheu'r:
"He he, du Schneiderg'sell, geh du nur aus der Höll'!
Wir brauchen nicht das Bügeln, es gehe, wie es wöll!"
Er nahm den Pfriemen aus dem Sack und stach sie in die Köpf',
er sagt: "Halt't still, ich bin schon da, so setzt man bei uns die Knöpf".
"He he, du Schneiderg'sell, geh einmal aus der Höll'!
Wir brauchen keine Knöpfe, es gehe, wie es wöll!"
Drauf nahm er Nad'l und Fingerhut und fängt zu stechen an,
er flickt den Teufeln d' Naslöcher zu, so eng er immer kann.
"He he, du Schneiderg'sell, pack dich doch aus der Höll'!
Wir können nimmer riechen, es gehe, wie es wöll!"
Darauf fängt er zu schneidern an, das Ding hat ziemlich 'brennt,
er hat den Teufeln mit Gewalt die Ohren abgetrennt.
"He he, du Schneiderg'sell, marschier' nur aus der Höll'!
Sonst brauchen wir den Bader, es gehe, wie es wöll!"
Nach diesem kam der Luzifer und sagt: "Es ist ein Graus,
kein Teufel hat ein Schwänzerl mehr, jagt ihn zur Höll' hinaus!"
"He he, du Schneiderg'sell, nun pack dich aus der Höll'.
Wir brauchen keine Kleider, es gehe, wie es wöll!"
Nachdem er nun hat aufgepackt, da war ihm erst recht wohl,
er hüpft und springet unverzagt, lacht sich den Buckel voll,
ging eilends aus der Höll' und blieb ein Schneiderg'sell.
Drum holt der Teufel kein'n Schneider mehr, er stehl', so viel er wöll.